Der/Die Urheber/in des folgenden Textes ist mir leider unbekannt, ich habe ihn ca.2002 im Google-Cache gefunden. Zu dem Buch von Walter Maurer, das ich selbst nie gesehen habe, und den darin enthaltenen Plagiaten und Fehlern gibt es seit 1985 folgende ausführliche Dokumentation: Helmut C. Jacobs / Ralf Kaupenjohann, Rezension zu Walter Maurer: Accordion

Mit herzlichem Dank an die Autoren,
Walther Soyka
2011


Das Akkordeon heute



Viele der nachfolgenden Informationen wurden aus dem sehr empfehlenswerten Buch von Walter Maurer entnommen: Walter Maurer, "Das Accordion", "Handbuch eines Instruments, seiner historischen Entwicklung und seiner Literatur", Harmonia Musikverlags- und Handelsgesellschaft m. b. H., Wien 1983 (vergriffen)


Die Entwicklung des Akkordeons gilt seit einigen Jahren als abgeschlossen. Nur bei den ,,Melodiebaßinstrumenten" kann es noch zu einigen Bereinigungen kommen. Die Modelle selbst werden kaum mehr grundlegend geändert werden.

Es wird immer wieder ,,Erfinder" und konstruierende Talente geben, die versuchen werden, völlig ,,Neuartiges" zu entwickeln. Bislang sind viele dieser Versuche im Sande verlaufen.

Auch im Verlaufe des 19. Jh.s gibt es viele ,,Eintags-Konstruktionen"' die man heute als Kuriosa einstufen kann. Sie haben zur gesamten Entwicklung des Akkordeons kaum einen Beitrag geleistet.


Wir unterscheiden heute:

Die diatonische Harmonika

Dieser Instrumententyp ist seit seiner Erfindung als ,,Accordion" im Jahre 1829 wechseltönig und war im 19. Jh. vorherrschend.

In früheren Abhandlungen über die Entwicklung des Akkordeons und der Handharmonika (=diatonische Harmonika) finden wir immer wieder die Behauptung, daß C. F. Buschmann im Jahre 1822 die ,,Handaeoline" erfunden und Demian diese 1829 verbessert habe. Nach den neuesten Forschungen kann gesagt werden, daß es nur ein Demiansches ,,Accordion" gegeben hat, das im Laufe des 19. Jh.s zu allen Modellen der Harmonikafamilie entwickelt worden ist. Das Demiansche Instrument war so primitiv, daß von einer Weiterentwicklung des Buschmannschen Instrumentes durch Demian überhaupt nicht gesprochen werden kann. Was sollte er eigentlich weiterentwickeln? Ein bißchen weniger und das Instrument wäre nicht mehr funktionstüchtig gewesen.

Weiterhin finden wir die Feststellung, daß sich das Buschmannsche Instrument zum ,,Deutschen" und das Demiansche zum ,,Wiener Modell" entwickelt haben soll. In diesem Zusammenhang muß festgehalten werden, daß die Literatur überhaupt erst im 20. Jh. eine Unterscheidung zwischen dem ,,Wiener" und dem ,,Deutschen" Modell kennt. (Becker-Goltz: ,,Anleitung zum Harmonikaspiel" Wiener und deutscher Art.) Das Wiener Modell wird als solches 1905 zum ersten Mal erwähnt.

Im 19. Jh. war die Experimentierfreudigkeit unwahrscheinlich groß sowie auch der Wille zu verbessern, zu erneuern, zu formen und Materialien zu erproben. Schließlich muß bedacht werden, daß die einzelnen Erzeuger oft in kleinen Dörfern die Erzeugung von Harmonikas aufgenommen hatten und dann darauf angewiesen waren, welche Materialien sie am leichtesten verarbeiten und solche, die sie ohne zu großen Aufwand und auch billig erstehen konnten.

Während die Wiener Erzeuger z.B. die Knöpfe der Registerschieber aus Metall gießen ließen, waren die Knöpfe mancher deutscher Erzeugnisse aus Holz gedrechselt. Die Wiener Erzeuger bauten ein oft reich verziertes Verdeck, unter dem sich die Klappen befanden, während die meisten deutschen Modelle keines hatten. Vom musikalischen Aufbau her waren die beiden Modelle im wesentlichen gleich.

Aus der Bibliographie der Unterrichtsliteratur (1832-1932) kann man die Entwicklung genau erkennen. Die einreihigen Modelle hatten 8 bis 12, die zweireihigen 17 bis 21 und die dreireihigen 29 bis 31 Klappen (=Tasten).

Betrachten wir die noch heute in Verwendung stehenden diatonischen Handharmonikas, so haben sie sich seit der Erfindung im Diskantmanual kaum weiterentwickelt.

Das Demiansche ,,Accordion" ist bis in die Gegenwart für den Tonumfang und die Tonanordnung bestimmend geblieben. Wir erkennen heute nur geringfügige Abweichungen, so z. B. bei der 1.und 10. Taste oder beim Tonumfang.

Accordion-(Demian)Tonumfang: e-e"' (a und h" fehlen)
Handharmonika-(heute)Tonumfang: g-g"' (a und f" fehlen)

Bei der zweireihigen Harmonika gibt es analog zur ,,Einreiher" auch nur geringfügige Veränderungen. Aus der Wiener Zweireiher entwickelte sich auch das diatonische Instrument von heute, das besonders durch die Einführung des sog. Gleichtones ,,c" (1916) eine musikalische Durchbildung erfahren hatte. (Bodmer Ed.: ,,Das Handharmonikaspiel [mit Gleichton] Zürich 1917)

Damit wurden die Spielmöglichkeiten sehr wesentlich erweitert. Schließlich verlegte man die sog. Hilfstasten (= zusätzliche leiterfremde Töne) von den Reihenenden in eine 3. Reihe. Bis 1933 waren es 4 (=8 Töne) und dann 7 (=14 Töne) Hilfstasten. Diese Entwicklung vollzog sich zunächst einmal in der Schweiz, wo die Handharmonika als ,,Handörgeli" mit großer Verbreitung gespielt wurde. Hier entstand auch1916 eine Griffschrift die dann viele andere nach und nach ablöste.

In den meisten Schulen und Spielanleitungen des 19. Jh.s wird das Erlernen des Akkordeons nach Ziffern und andern Griffschriften angeboten. Die diatonischen Instrumente wurden in verschiedenen Tonarten gebaut, so daß sich eine Griffschrift als unumgänglich erwiesen hatte.

Die Wiener Dreireiher hatte den Gleichton schon 1870 in der 3. Reihe eingebaut. Die deutschen Dreireiher blieben allerdings bei folgender Einteilung: 1. Reihe: 1. Tonart - 2. Reihe: 2. Tonart - 3. Reihe: 3. Tonart

Die Baßseite entwickelte sich kaum. Im Prinzip behielt man die Anordnung der Grundbässe und Akkorde der alten Zweireiher bei.

In Österreich hat sich dann noch die Steirische Harmonika entwickelt, die ursprünglich dreireihig gebaut worden ist und in der 2. und 3. Reihe einen Gleichton besitzt. Heute kennt man auch 4- und 5reihige Instrumente. In der Schweiz gibt es als echtes Volksinstrument noch das Schwyzer Handörgeli.

Wir können heute ohne Zögern feststellen, daß C. Demian den Grundstein zu allen Entwicklungen der Harmonikainstrumente gelegt hat. Es haben sich nur die Materialien, die äußere Form, die Qualität des Tones, das Baßmanual, die Registermechanik und die Aufteilung in diatonische und chromatische Instrumente ergeben; doch DemiansVorahnung scheint in jedem Modell mit zu existieren.

1933 führte man noch 2 Dominantsept-Akkordtasten ein, was den Aufbau der Baßseite nicht wesentlich veränderte (Morino-Clubmodell). Hier sind nur allgemein übliche Fabriksmodelle gemeint. Einzelanfertigungen hatten schon im 19. Jh. mehr Bässe als die Modelle 1933, doch haben sie keine allgemeine Verbreitung erlangt.

Die Clubmodelle waren ihrem Namen nach zumeist im Akkordeonorchester zu finden. In Skandinavien und in der Schweiz gibt es noch eine große Zahl ,,diatonisch"-Spieler. Auch in Afrika und Südamerika ist die ,,Einreiher" noch im Gebrauch.

Viele Spieler spielen nach der heute üblichen Griffschrift, die man an dem Notenschlüssel erkennen kann. Andere wieder ohne jegliche Spielhilfen.

Die Steirische Harmonika

Die steirische Harmonika ist ein diatonisches, wechseltöniges Instrument, das heute noch in der Volksmusik in Österreich, in Südtirol und in Bayern Verwendung findet. Es gibt vor allem in den österreichischen Bundesländern Oberösterreich, Steiermark und Kärnten noch Erzeuger, die sich mit der Herstellung solcher Harmonikas befassen. An sich unterscheidet sich der Aufbau des Tonumfanges nur unwesentlich von den übrigen diatonischen Instrumenten des 19. Jh.

Die steirische Harmonika enthält also nur Töne der Tonarten, die in das Instrument eingebaut worden sind. Jede Knopfreihe entspricht daher einer Tonart: Auf ,,Druck", d.h. der Balg wird beim Spielen zusammengedrückt, erscheint die Zerlegung des Dur-Dreiklanges in 3-4 Oktaven übereinander, während beim Ziehen der dazugehörige Dominant-Sept-Akkord erklingt.

In der ersten Reihe gibt es allerdings eine Ausnahme: jeweils nach einer ganzen Aufteilung eines Dominant-Sept-Akkordes erscheint noch ein Ton, der zusätzlich das Spiel eines Mollakkordes ermöglicht.

Wir kennen heute drei- und vierreihige Harmonikas, wobei jeweils die 1. Reihe Mollakkorde und unvollständige Dominant-Sept-Akkorde aufweist.

Die Modelle der ,,Steirischen Harmonika" werden nach den eingebauten Tonarten (auch ,,Stimmungen" genannt) unterschieden:
B - Es - As (Dur) - dreireihig; ergänzt durch F-Dur oder Des-Dur = vierreihig.
H - E - A (Dur) - dreireihig; + D- Dur = vierreihig
Cis-Fis-H bzw. Cis-Fis-H+E, C - F - B bzw. G + C - F - B und andere.

Es gibt Musiker, die sich auch fünfreihige Instrumente bauen lassen. Durch das Einbauen der Akkordfolgen in Quintverwandtschaft ergeben sich natürlich auch fast wie zufällig ,,Gleichtöne". So kann - eine entsprechende ,Stimmung' vorausgesetzt - der Ton c' zweimal, c" viermal und c"' dreimal auf der Harmonika vorkommen.

Das Tonleiterspiel ist auf der Harmonika sehr schwierig, und es wird auch kaum versucht worden sein, da ein einheitlicher Fingersatz nicht möglich ist. Die ,,Steirische Harmonika" kann als eines der letzten Volksmusikinstrumente angesehen werden, da es dafür erst seit einigen Jahren Schulwerke gibt: ,,Die Steirische Harmonika" von Max Rosenzopf, eine Spielanleitung in einer von ihm entworfenen Griffschrift. Diese Schule ist 1975 erstmals erschienen, und erst 1982 erweiterte er sie um sog. Klangtabellen, damit Musiker auch nach Noten im Violinschlüssel spielen können.

Die Griffschrift ist deswegen notwendig, da man ja sonst für jede ,,Stimmung" eine eigene Schule schreiben müßte. Durch die Griffschrift ist ein Spielen der Harmonika in allen Tonarten möglich (J. Payer gab 1983 eine Schule mit Musikkassette heraus, die von der herkömmlichen Notenschrift ausgeht).

Rosenzopf tritt vehement dafür ein, daß auf dem Instrument nur überlieferte Volksmusik gespielt werden soll.

Das Schwyzerörgeli

Das Schwyzerörgeli hat gegenüber der steirischen Harmonika einen kleineren Tonumfang, wird aber nach dem gleichen Griffschriftsystem gespielt.

Der Korpus des Instrumentes ist kleiner und zierlicher, und es fehlen ihm die für die steirischen Modelle typischen sog. ,,Helikonbässe". Die Baßtasten sind auf einem kleiner gebauten Griffbrett eingesetzt und nicht auf dem Baßteil. Das zeigt uns, daß das ,,Schwyzerörgeli" wieder das ursprünglichere Instrument der beiden ist, da sich hier noch viele Bauelemente aus der Zeit vor 1870 erhalten haben.

Nach dem angeführten Griffsystem können auch die Handharmonikas gespielt werden, da Tonaufbau und Griffschrift untereinander gleich sind.

Das chromatische Akkordeon (gleichtönig)

on der gleichbleibenden Anordnung des Baßwerkes unterscheidet man beim Akkordeon zwei äußerlich grundverschiedene Modelle:

Das Piano-AkkordeonBild: Piano-Akkordeon und das Knopfgriff-AkkordeonBild: Knopfgriff-Akkordeon.

Im wesentlichen wird dieser Unterschied durch die verschiedenartige Tastenform der Diskantmanuale bestimmt. Die Tasten des Piano-Akkordeons sind den Klaviertasten nachgebildet und weichen nur in der Länge und in der Breite von diesen ab. Beim Knopfgriff-Akkordeon dagegen wird die Klappenmechanik von kleinen kreisrunden Knopftasten ausgelöst. Piano- und Knopfgriff-Akkordeon sind spielmethodisch grundsätzlich verschieden zu handhaben. Es soll hier nicht diskutiert werden, welches der beiden Modelle zielführender ist. Hier gibt es in erster Linie kompositorische bzw. satztechnische Probleme, die imstande wären, Unterschiede zu produzieren.

Die Tonbildung

Der Ton wird mit Hilfe freischwingender (durchschlagenden) Zungen (früher: Federn) erzeugt. Durch die Bewegung des Balges (Hin- und Herführen) entsteht Druck- und Saugluft, die durch Kanzellen (Kanäle) an die Stimmzungen geführt wird und diese zum Schwingen und zum Tönen bringen. Die Stimmzungen sind auf Stimmplatten aufgenietet und diese wieder auf dem Stimmstock (Kanzellenkörper) mit Spezialwachs (Bienenwachsbasis) angebracht. Das Wachs soll verhindern, daß die Luft nicht anderwärts entweicht.

Dieser Vorgang ist so zu erklären: Die Stimmzunge befindet sich erst einmal in Ruhestellung. Durch einen Strom verdichteter Luft wird sie in den ,,Stimmenschlitz" hineingezogen bzw. hineingedrückt, schwingt aber infolge ihrer Elastizität wieder zurück. Unter und über der Stimmzunge bilden sich Druckunterschiede, und sie gerät durch die eigene Federkraft in Schwingungen. Diese Schwingungen erzeugen abwechselnd Verdichtungen und Verdünnungen der Luft und ergeben somit den Ton. Es muß allerdings ein Minimum an Frequenz erreicht werden.

Die Modellgrößen des Akkordeons

Die Größe des Akkordeons wird in erster Linie nach der Anzahl der Bässe angegeben und dann erst nach der Tastenzahl des Diskantmanuals. Bei den Modellgrößen haben sich Normen entwickelt. Akkordeons mit 8 oder 12 Bässen finden wird heute schon als Musikspielzeug im Spielwarenhandel. Die übrigen Größen sind nachstehend zusammengefaßt:

Anzahl der Bässe Tonumfang Diskantmanual
40, 48 h - c''' (auch c' - c''')
72, 80 g - e'''
(80), 96 f - f''' (auch g - g''')
120 f - a'''
185 e - c''''

Das Knopfgriff-Akkordeon

Das Knopfgriff-Akkordeon ist chromatisch und gleichtönig, das bedeutet, daß je nach Tonumfang alle Töne der chromatischen Tonleiter vorhanden sind.

An sich ist dieser Instrumententyp aus der Wiener chromatischen Harmonika (auch als ,,Schrammelharmonika" bekannt) entstanden. Um 1850 hatte der Musiker F. Walther die Idee, die dreireihige Harmonika, die es schon seit geraumer Zeit gegeben hatte, ,chromatisch' bauen zu lassen. Er ging davon aus, daß natürlich alle Töne der chromatischen Tonleiter gleichtönig gespielt werden sollten. Er fand die Lösung in den drei verminderten Septakkorden von C, G und F, die er in Zerlegung in drei nebeneinanderliegenden Reihen übereinander aufbaute. So erhielt er in der
1. Reihe: f - as - h - d
2. Reihe: g - b - des - e
3. Reihe: c - es - ges - a

Die ersten Instrumente hatten einen Tonumfang von 46 Tasten (B - g'''), später baute man dann Harmonikas mit 52 Tasten (G - b'''). Interessant ist nur, daß die Notierung trotz des großen Tonumfanges nur im Violinschlüssel vorgenommen worden ist. Bei der Schrammelharmonika blieben die 12 Bässe wechseltönig.

In andere chrom. Instrumente wurden dann die chromatischen Bässe nach der Einteilung von Tauschek, Paul und Plauensteiner eingebaut.

Die ,Erfindung' Walthers war so enorm, daß sich an dem - wie es heute heißt - Knopfgriff-Akkordeon nicht mehr viel geändert hat. So wurde z. B. die 1. mit der 3. Reihe getauscht, man spricht hier vom ,,norwegischen C-Griff" und die 1. und 2. Reihe als eine 4. und 5. Reihe wiederholt (Hilfsreihen). Die Registermechanik und die moderne Baßmechanik kamen hinzu, und wir kennen nur kleine Abweichungen in verschiedenen Modelltypen: ein abgestuftes Griffbrett, also ,von Reihe zu Reihe ca. 1 mm ansteigend, ein glattes Griffbrett, C- oder B-Griff, kleinere oder größere Knöpfe. Aber all diese kleinen Abänderungen haben für das Spiel selbst keinen Unterschied gebracht.

Es ist nur interessant, daß die beiden Akkordeonmodelle (Piano und Knopfgriff) unterschiedlich Freunde in den diversen Ländern der Welt gefunden haben. So ist das Piano-Akkordeon z. B. in Österreich, Deutschland, Holland, England, Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, Ungarn, Polen, Bulgarien, Tschechoslowakei, Rumänien und in Ubersee vorherrschend, während wir in den skandinavischen Ländern, Belgien, Frankreich, Sowjetunion fast ausschließlich Knopfspieler finden. In der Schweiz ist das Verhältnis ausgeglichen.

Vor allem der große Tonumfang ließ gerade in der Sowjetunion Kompositionen entstehen, die auf einem Piano-Akkordeon nur erschwert oder gar nicht wiederzugeben sind. Dieser Umstand hat in den letzten Jahren gerade konzertierende Künstler auf das Knopfgriffmodell umsteigen lassen. Ausgenommen spezielle Künstlermodelle, die auch zumeist aus der Anregung eines Spielers heraus entstanden sind, unterscheiden wir beim Knopfgriffmodell ebenfalls nach der Anzahl der Bässe:

Anzahl Baßknöpfe Anzahl Knöpfe Reihen Tonumfang B-Griff Tonumfang C-Griff
48 34 3 g-e''' g-e'''
96 72 5 f-a''' f-a'''
120 82 5 cis-b''' cis-b'''
120 87 5 b-d'''' a-cis''''
185 92 5 b-f'''' a-e''''

Die Tonerzeugung ist dem Pianomodell gleich.

Auch die Anzahl der Bässe entspricht fast diesen Modellen. (Einige Typen, z. B. 40-, 72-, 80bässige, fehlen.) An sich ist das Knopfgriff-Akkordeon das ursprüngliche Instrument. Das Pianomodell ist wohl seit 1854 vorhanden, gewinnt nach dem Ersten Weltkrieg an Bedeutung und entwickelte sich schließlich zum vollwertigen Instrument.

Das Baßmanual

Wir erinnern uns, daß Demian ein ,,Accordion" mit mitklingenden Akkorden erfunden hatte, das er dann nach und nach verbesserte. 1831 trennte er dann seine mitklingenden Akkorde von der Melodie mit Hilfe einer ,Mutation'. Das war ein Schieber, mit dessen Hilfe man den Luftzutritt zu den Akkorden schließen konnte.

Von allem Anfang an war die Quintverwandtschaft gegeben, wie wir sie bis in die Gegenwart vorfinden. Baßknöpfe hatte es um diese Zeit noch keine.

Auf Demians ,vollkommenem' Accordion fanden sich eine Reihe ,,Melodiebässe", wie wir sie heute benennen würden. Die Akkorde waren auch dort noch mit der Melodie gepaart. So konnte man nur die Melodie und die Akkorde gemeinsam spielen oder die Melodie mit den Baßtönen des Baßmanuals. In dieses Instrument baute er also zum ersten Mal Baßknöpfe ein (1832). C. Uhlig (Chemnitz) konstruierte dann ein reines Melodieinstrument als ,,Konzertina" (1834), das dann 1844 von H. Band vergrößert worden ist. Diese beiden Instrumente waren schon damals reine ,Melodieinstrumente'.

Eine Akkordmechanik im heutigen Sinne gab es damals noch nicht. Die für einen Akkord erforderlichen verschiedenen Stimmzungen wurden nebeneinander gebaut, damit sie vom Spielwind gleichzeitig erfaßt werden konnten. Nach diesem Prinzip baute man im ganzen 19. Jh. das Baßwerk.

Nach der Entwicklung der chromatischen Harrnonika um 1850 und der,,Klavierharmonika" durch M. Bauer 1854 war natürlich der Umfang der damals gebauten Bässe zu gering. Interessant ist, daß auch auf den sog. ,,chromatischen" Instrumenten vorerst die Bässe und Akkorde wechseltönig geblieben sind.

Erst 1870 entwickelten die Musiker Tauschek (1851-1924), PAUL(1841-1897) und Karl Anton Plauensteiner (1825-1880) die gleichtönige, chromatische Baßbegleitung in 2 bis 5 Reihen. Sie hatte noch keine Baßmechanik, sondern die 3 Zungen für den Dreiklang waren auf einer Stimmplatte montiert. Beim Abheben der Ventilklappe ertönte dann der ganze Dreiklang.

Die Musiker Tauschek, Paul und Plauensteiner hatten als Vorgabe die damals schon in Quintverwandtschaft gebauten Bässe, so daß sie nur mehr nach Belieben zu erweitern brauchten. Erst im 20. Jh. löste die gekoppelte Baßmechanik die alte Bauart ab. Einige Firmen nehmen auch mit Hilfe ihrer erworbenen Patente die Erfindung als solche in Anspruch. Hohner erhielt ein D.-R.-Patent auf ein von ihr entwickeltes System. Einige Patente anderer Firmen galten nur in ihren Ländern. Doch viele Wege führten zur Möglichkeit der Akkordkopplungen, so daß die Firmen bald nur solche Mechaniken bauten.

Wir unterscheiden heute das Baßwerk und das Akkordwerk.

Das Baßwerk

Das Baßwerk besteht aus 2 senkrecht stehenden, dem Balg zugewandten Knopfreihen. Die innere (2. Reihe) enthält die Grundbässe, die äußere (1. Reihe) die Terzbässe (im Abstand einer großen [Dur-] Terz zur Grundbaßreihe). Vom besonders markierten ,C' ausgehend, liegen nach oben und unten die weiteren Bässe in Quinten angeordnet. Früher gab es noch eine dritte Reihe (außen dem Balg zu), die im Abstand einer Mollterz zur Grundbaßreihe angeordnet gewesen ist. Spricht man beim Akkordeon von Baßtönen, so ist dies eigentlich nicht ganz korrekt, denn jeder Einzelbaß klingt immer mehrfach: in Oktaven übereinanderstehend verkoppelt (besser:gekoppelt). Größere Instrumente haben 4- bis 5fach gekoppelte Bässe (Oktavkopplungen).

Das Baßwerk enthält chromatisch fortlaufend die Töne innerhalb des Tonumfanges einer großen Septime, also 12 Töne, mehrfach in Oktaven übereinanderstehend. Der Septimenraum reicht zumeist von G-Fis, bei größeren Instrumenten auch von E-Dis oder F-E. Diese Beschränkung läßt das Tonleiterspiel im Rahmen einer Oktave und darüber hinaus nicht zu, sondern springt immer wieder zum Ausgangspunkt zurück (Oktavsprung oder Oktavknick).

Die mehrfache Verkopplung der Einzelbaßreihe läßt das Ohr diesen Oktavknick aber kaum empfinden, so daß man beim Akkordeon im Baß von einer ,,unendlichen Oktave" sprechen kann.

Das Akkordwerk

Das Akkordwerk umfaßt bis zu 4 Akkordreihen:

Dur-Dreiklänge, Moll-Dreiklänge, Dominantsept-Akkorde, verminderte Dreiklänge. Früher gab es noch eine Reihe mit übermäßigen Dreiklängen. Die Akkorde sind ebenfalls gekoppelt. Man versteht hier einmal die mechanische Verkopplung der Einzeltöne zu einem Akkord und zum anderen die Verkopplung der Einzeltöne in Oktaven übereinander zur Bildung des Zusammenklanges im Akkord.

So erklingen normalerweise die Dreiklänge 9fach und die Dominantsept-Akkorde 12fach.

Das Melodiebass-Manual

Schon Demian hatte, wie bereits erwähnt, in sein vollkommenes Akkordeon eine Reihe mit 10 Einzelbässen eingebaut. Es scheint damals an geeigneten Lehrern und Interessenten gefehlt zu haben, so daß dieses Modell nicht weiter entwickelt worden und alsbald in Vergessenheit geraten ist.

Vereinzelt lassen sich Musiker bereits ab 1890 Instrumente mit Melodiebässen bauen, doch kann man hier nur von einem Versuch sprechen. Matth. Bauer (Wien) bot um 1890 ein solches Modell ebenfalls an.

Erst das Beschäftigen mit Originalliteratur und der sicherlich schon damals laut gewordene Wunsch nach einem ,,polyphon" spielbaren Instrument ließ ab 1937 weitere Entwicklungen reifen.

1937 baute der Akkordeon-Konstrukteur Venanzio Morino in sein Modell ,,Hohner 5555" zwei zusätzliche Einzelbaßreihen ein, die damals ,,Baritonbässe" genannt wurden. Der 2. Weltkrieg scheint auch hier die Entwicklung gestoppt zu haben, da erst am Anfang der fünfziger Jahre in der Hohner-Morino VI das sog. Einzel- oder Solo-Baßwerk wieder erscheint, das heute als ,,Manual III" oder abgekürzt ,,M III" bezeichnet wird. (M I ist das Diskantmanual und M II das Standardbaß-Manual des Akkordeons.)

Das Manual III hat bei großen Instrumenten meistens einen Tonumfang von 5 1/2 Oktaven (Kontra-E bis cis''', chromatisch durchlaufend) und ist in drei Reihen angeordnet. Die Anordnung entspricht dem Diskantmanual des Knopfgriff-Akkordeons, je nach Instrument C- oder B-Griff, bei Piano-Akkordeons in der Regel C-Griff.

Der Bass-Converter (Umschaltmodelle)

1938 wurde das ,,SKUDIES-REGISTER" vorgestellt. Mit Hilfe dieser mechanischen Einrichtung konnte das Akkordwerk ausgeschaltet werden und man erhielt Melodiebässe in Quintanordnung.

Diese Art der Umschaltung ist bis heute in Verwendung geblieben und in Fachkreisen als ,,Quint-Converter" bekannt. In den USA verwendet man heute häufig dieses System als Melodiebaß.

Die neueste Entwicklung ist die Fertigung eines sog. ,,chromatischen" Converters. Bei diesem Modell wird das Akkordwerk ebenfalls mit Hilfe eines ,,Registers" umgeschaltet, doch entsteht dann in den einzelnen Reihen die Tonanordnung des chromatischen Knopfgriff-Akkordeons wie im Diskantmanual. Die C-Griffanordnung wird dabei bevorzugt.

Bei diesem Instrument besteht der Vorteil darin, daß das Baß- und Akkordwerk nicht um ein drittes Manual erweitert werden muß.

Es soll noch festgehalten werden, daß für dieses Modell ein Piano-Akkordeon-Spieler 3 verschiedene Manuale erlernen muß: das Diskantmanual, das gekoppelte Baß- und Akkordwerk und das Melodiebaßmanual, während es für den Knopfgriff-Spieler nur zwei Manuale sind: das Diskantmanual und das Baß- und Akkordwerk. Das Melodiebaßmanual erscheint bei ihm im Baßteil seitenverkehrt.

Die Register

Der Begriff ,,Register" hat in der Sprache mehrere Bedeutungen. Wir wollen uns aber nur auf seine Bedeutung für den Bereich der Musik und da nur für den des Akkordeons beschränken. Wir kennen u. a. die Register der menschlichen Stimme oder die Registerbezeichnungen bei Musikinstrumenten sowie die für uns interessantesten: die ,,Orgelregister". Dort versteht man unter Register eine Gruppe von Pfeifen gleicher Bauart, Tonerzeugung und Klangfarbe, die durch einen ,,Registerzug" in Tätigkeit gesetzt oder abgeschaltet werden. Die Akkordeonregister sind eher dem Orgelregister gleichzusetzen, obwohl keinesfalls eine Nachahmung damit verbunden werden soll.

Das Akkordeon verfügt über zwei völlig unabhängig voneinander zu bedienende Spielseiten (Diskant- und Baßseite). Wir unterscheiden daher auch die Diskant- von den Baßregistern. Unter Register versteht man eine dem Tonumfang des Instrumentes entsprechende chromatisch durchlaufende Stimmungsreihe (Chor), die mit Hilfe einer Schiebermechanik ein- bzw. ausgeschaltet werden kann. Der Begriff Register wird fälschlich zumeist mit der äußerlich sichtbaren Schaltmechanik (Schiebe-, Druck-, Kipp- und Kombinationsregister in Form von Kipptasten) gleichgesetzt. Dabei handelt es sich hier eher um einen musikalischen als um einen technischen Begriff, da die Art des Registers auf seine Wirkung ohne Bedeutung ist.

Für die Register beim Akkordeon hat es keiner eigenen Entwicklungen und Erfindungen bedurft, da sie schon vom Orgelbau zumindest dem Prinzip nach bekannt gewesen sind.

Zyrill Demian war auch Orgelbauer und machte sich seine Kenntnisse über den Bau der Registerzüge der Orgel schon 1832 zum Wegschalten der Bässe - das heißt zum Trennen von Melodie und Akkord - zunutze. Er nannte es Mutation. Der Registerknopf hatte das Aussehen eines solchen der Orgel.

Wenige Jahre später wurde der Klang des Akkordeons um das ,,Tremolo" erweitert. Ein Registerschieber war vorgesehen worden, um das Tremolo zu schalten. Der Ausdruck ,,Tremolo" wird schon von allem Anfang an für diese Klangfarbe benützt. Wir finden diesen Ausdruck schon auf den ersten Knöpfen eingraviert. Die nächste Klangfarbe war die der Oktave. Man konnte damit eine Tonreihe schalten, die eine Oktave tiefer erklang (Unteroktave). Mixturen mußten mittels der einzelnen Registerschieber selbst hergestellt werden. Es gab gravierte, gegossene und emaillierte Registerknöpfe. Luxusinstrumente hatten welche aus Silber, und wir finden auch aus Holz gedrechselte Knöpfe. Im 19. Jh. gibt es dann viele Versuche, die Grundklangfarben der Orgel auch auf das Akkordeon zu übertragen. Auf den Instrumenten finden wir immer mehr Registerknöpfe und die Akkordeons werden immer größer, plumper und schwerer. Man baute selbst Quintmixturen ein. Das große Gewicht scheint der Anstoß gewesen zu sein, immermehr auf die Register zu verzichten und um 1890 gibt es bereits viele Modelle ohne Register oder mit höchstens zwei. Damit erschien auch die Möglichkeit der Bedienung eine schnellere geworden zu sein.

Erst um 1925 begann man die Registermechanik zu ändern. Es waren Hebel, die an der Diskantkante oder an der Rückseite der Tasten angebracht waren. Zur besseren Handhabung hatte man kleine Knöpfchen angeschweißt. Diese Hebel waren mit einer Übersetzung verbunden, die dann im Inneren des Instrumentes den Registerschieber bewegte. Wir finden auch Hebelregister, die außen am Verdeck angebracht waren. Der Hebel konnte vor- und zurückbewegt werden und bewirkte dabei ebenfalls ein Bewegen des Schiebers.

1938 haben selbst große Instrumente nur ein bis drei Register als Schaltmöglichkeiten. Zumeist finden wir: einchörig, Tremolo und Unteroktave. Während des 2. Weltkrieges entstehen um 1940 in Italien die ersten Registermechaniken mit Kombinationstasten, so wie sie heute in Verwendung stehen. In den Wirren des Krieges war es anscheinend nicht möglich gewesen, diese Erfindung entsprechend zu schützen, sodaß nach dem Krieg an den Modellen bei fast allen Akkordeonproduzenten die neuen Registermechaniken eingebaut waren. Es läßt sich heute nicht mehr feststellen, wer der Erfinder dieser Mechanik gewesen ist. Damit scheint auch hier eine Entwicklung für das Akkordeon abgeschlossen worden zu sein. Die Art der Mechanik hat seither keine Veränderung erfahren.

Zu den Registergrundreihen (Chöre) gesellte sich dann wieder die höhere Oktave (Oberoktave). Bei solchen Instrumenten spricht man dann von ,,Doppeloktavstimmung". Die Doppeloktavstimmung wird in einem Wiener ,,Preiskurant" (= Preisliste von 1890) bereits angeboten.

Eine Spezialität bilden noch die Kinnregister, die wir allerdings nur bei Künstlerinstrumenten vorfinden (Hohner Morino VI, Hohner-Gola etc.). Das Kinnregister ermöglicht ein schnelles Umschalten von nur einer Registerkombination. Vor allem Künstler lassen sich heute mehrere Kombinations-Kinndruckregister in ihre Instrumente einbauen.

Die Register des Diskantmanuals

Seit fast 30 Jahren benützt man ein Registersymbol für die Diskantregister: Registersymbol: Dikantregister

In diese drei Felder werden die geforderten Stimmungsreihen (Chöre) mit Punkten angegeben. Die Zahl, der in einem Akkordeon vorhandenen Stimmzungenreihen (Chöre), entspricht der Anzahl der möglichen Grundregister, aus denen dann die verschiedenen Registerkombinationen gebildet werden können. Die einzelnen Felder des Registersymbols können auch mit dem von der Orgel übernommenen ,,Fußmaß" gesehen werden. Man versteht darunter die Oktavberechnung nach der Pfeifenlänge von C, die etwa 8 Fuß (abgekürzt 8') beträgt. Orgelregister in der Normallage heißen dann achtfüßige Register. Die eine Oktave tiefer stehende Orgelpfeife hat die doppelte (=16'), die eine Oktave höher stehende die halbe (=4') Länge.

In nachstehender Zeichnung bedeuten die Punkte von oben nach unten:
Registersymbol
4' für die hohe Oktave (Oberoktave)
8' für die Normallage (Grundreihe)
16' für die tiefe Oktave (Unteroktave)

Man nennt diese Grundregister auch konsonierend. Das dissonierende ist das ,,Tremoloregister": Registersymbol: Tremoloregister

Unter Tremolo (Schwebetonreihe) versteht man eine mit geringem Schwingungsunterschied zur Grundreihe gestimmte Zungenreihe, die im Zusammenklang mit dieser den typischen Akkordeon-Tremoloton ergibt. Im allgemeinen betragen die Tonhöhenunterschiede zur Grundreihe 3 bis 5 Schwingungen (bezogen auf a'). Die Musette-Stimmung hat eine Differenz bis zu 10 Schwingungen. Das Tremolo darf aber keinesfalls mit dem Vibrato der Streichinstrumente oder gar dem Vibrato der E-Orgel verglichen oder verwechselt werden.


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